Lissabon – in der historischen Straßenbahn durch die Stadt der Wandfliesen und Vanilletörtchen

Die Februarsonne bringt den Tejo zum Glitzern, als ich früh am Morgen über den Praça do Comércio Platz laufe. Der Wind weht kräftig durch das Gefieder der Möwen und malt kleine Wellen auf die Wasseroberfläche.

Heute will ich die Stadt per Bahn und zu Fuß erkunden, die steilen verwinkelten Gassen entdecken und Flair der portugiesischen Hauptstadt spüren.

Stadterkundung mit der historischen Stadtbahn

Bei der Touristeninfo am Praça do Comércio bekomme ich einen kostenlosen Stadtplan und Antwort auf alle Fragen. Ich möchte mit einer der berühmten Straßenbahnen fahren. Für 6,50 Euro kaufe ich mir ein Tagesticket. Es gilt in allen Metros und Stadtbahnen und ist ab Kauf 24 Stunden gültig.

Ich laufe die Rua Augusta ein Stück hoch, um in der Rua da Conceição in die Linie 28 zu steigen. Die Bahn besteht aus einem einzigen Waggon mit nur wenigen Sitzplätzen. Es ist die kleinste Straßenbahn, in der ich je gefahren bin. Der Wagen knackt und quietscht, als er die steilen Berge des Stadtteils Alfama erklimmt. Ich möchte am liebsten ein bisschen mit anschieben, der Waggon ist alt und komplett voller Menschen. Dafür ist er äußerst hübsch, innen mit Holz verkleidet, außen leuchtend gelb und mit einem runden Scheinwerfer auf der Schnauze. Klein und schmal muss er sein, denn die Straßen, die er durchfährt, sind winzig. Wenn ich mein Fenster öffnen würde, könnte ich die Hauswand neben mir mühelos anfassen.

Die Linie 28 verbindet Alfama, Baixa, Bairro Alto und Lapa und damit viele der sehenswertesten Stadtteile Lissabons. Das macht sie perfekt geeignet zum Sightseeing.
Ich steige in Alfama am Kloster São Vicente aus. Direkt hinter der Kirche entdecke ich neben dem Pantheon einen Flohmarkt voller Antiquitäten. Kronleuchter, Silberbesteck und antike Möbel werden von dick angezogenen Omas verkauft.

Alfama – Labyrinth aus winzigen Gassen

Ich schlendere weiter durch Alfama, ein Labyrinth schmaler Gassen, vorbei an bunten Hauswänden, hölzernen Fensterläden und Katzen, die mich durch vorgezogene Gardinen misstrauisch beäugen.

Das viele Bergauflaufen macht mich müde, ich ruhe mich an der Haltestelle der Linie 28 aus, direkt am Aussichtspunkt Miradouro Santa Luzia. Von hier habe ich einen wunderbaren Blick auf die Dächer Alfamas. Ich kann nicht mehr nachvollziehen, wo ich gerade langgelaufen bin, zu verwinkelt waren die Gassen.

Ich muss zwei Bahnen abwarten, die erste ist zu voll, um noch weitere Passagiere mitzunehmen. Die besten Chancen auf einen Sitzplatz habt ihr an den Endhaltestellen Martim Moniz und Prazeres. Ich habe dann doch Glück und bekomme nach kurzem Stehen einen Platz. Ich beobachte, wie die bunt gefliesten Hauswände an meinem Fenster vorbeiziehen. Kein Muster gleicht dem anderen, von Blumen über Punkte und kleinen Zeichnungen.

An der Haltestelle Estrela endet die Fahrt für meine Bahn, ich steige aus und gehe im Jardim da Estrela spazieren. Alte Leute sitzen auf den Bänken in der Sonne und lesen Zeitung, Hunde werden ausgeführt, sonst hat der Park nicht viel zu bieten. Zurück an der Haltestelle warte ich lange auf eine weitere 28er Bahn. Eigentlich fährt sie im regelmäßigen 11-Minuten-Takt. Allerdings sind Unpünktlichkeiten keine Seltenheit und dieses Mal warte ich geschlagene 40 Minuten, bis die nächste Bahn kommt.
Eine Alternative zu der berühmten 28er Linie ist die touristische „Hills Tramcar“. Diese Bahn sieht genau wie die 28er Linie aus, nur in Rot. Sie fährt wesentlich häufiger als die öffentliche und ihr bekommt immer einen Sitzplatz. Allerdings kostet das Tagesticket 18 Euro.

Mit dem Aufzug von Stadtteil zu Stadtteil

Ich weiche auf die Stadtaufzüge aus, die ich ebenfalls mit meinem Ticket nutzen darf. Sie heißen auch Standseilbahnen und fahren auf den steilsten Straßen Lissabons.
Am beeindruckendsten finde ich den Elevador Santa Justa im alten Zentrum der Stadt. Er ist der einzige komplett senkrecht fahrende Aufzug und verbindet das Geschäftsviertel Baixa mit dem höhergelegenen Chiado. Von 7 bis 22 Uhr fährt er regelmäßig hoch und runter. Von innen sieht er aus wie ein kleines Zimmer, auf der rechten und linken Seite ist jeweils eine schmale Bank angebracht. Mehr als 15 Leute würden hier nicht reinpassen. Holzvertäfelung und Messingbeschläge zieren die Wand, durch die Fenster sehe ich die Hauswände Baixas. Ich setze mich auf eine der Bänke, der Aufzugwärter schließt die Tür und wir erheben uns langsam 45 Meter nach oben. Im Café, das sich ein Stockwerk über der Aussichtsplattform befindet, lasse ich meinen Tag mit einem Kaffee und einem Pastel de Nata, einem Vanilletörtchen im Blätterteig, ausklingen.

Später will ich die Bars im Bairro Alto erkunden und morgen weiter nach Belém. Und vielleicht komme ich im Sommer noch mal zurück, für eine Schifffahrt auf dem Tejo, während die Sonne hinter der Brücke des 25. April untergeht.

Urlaub Portugal buchen

Caroline Lohrmann

Vor meiner ersten Reise wurde ich von allen gewarnt. Ich sei zu unselbstständig, zu naiv, zu schusselig, zum Reisen völlig ungeeignet. In manchen Bereichen stimmt das vielleicht, meine Augen werden in Flugzeugen zu roten verquollenen Sehschlitzen, ich kann nicht im Sitzen schlafen, ich bin manchmal vergesslich. Aber je öfter mir gesagt wurde, ich sei zu Hause am besten aufgehoben, desto mehr gab es etwas in mir, das mich immer wieder raus in die Welt zog. Und dieses Etwas hatte Recht. Denn Reisen macht mich nicht nur sehr glücklich, es ist auch eine wunderbare Lebensschule. In jedem Land, in das ich reise, führe ich ein Leben wie auf Probe. Ich kann ausprobieren, ob ich als Elefantenpflegerin in Thailand glücklich würde, als Pferdezüchterin in Argentinien, als Dorfschullehrerin in Afrika. Für mich ist das der beste Weg, mit einer Welt der 1000 Möglichkeiten zurecht zu kommen. Wieso soll ich mich direkt entscheiden, wenn ich doch erstmal alles machen kann?