Viel Bauchgefühl in Bologna

Inmitten von Bologna pulsiert das Leben. Ich stehe in der Via Pescherie Vecchie, dem Epizentrum des Genusses. Von allen Seiten prasseln kulinarische Eindrücke auf mich ein. Die Augen können gar nicht fassen, was es hier alles an olfaktorischen Versuchungen gibt. Es wimmelt und wuselt wie in einem Bienenstock, denn es ist kurz vor Mittag und die Bologneser schlängen sich gekonnt durch die engen Gässchen zwischen Piazza Maggiore, via Rizzoli und der via Clavature.

Blutrote Kirschen, Käselaibe in allen Schattierungen von schneeweiß bis dunkelorange, frischer Feldsalat, freche Radieschen und charmanter Parma-Schinken sind die Verlockungen, die mir das Wasser im Mund zusammenrinnen lassen. Zum Glück weiß ich, dass ein Besuch im ältesten Gasthaus der Stadt, der „Osteria del Sole“ in der Via Ranocchi, geplant ist. Doch noch ist es nicht so weit. Zuerst heißt es, den Markt zu erkunden. Mit allen Sinnen. Bologna wird von ihren Einwohnern nicht zu Unrecht „la grassa“ (die „Fette“) genannt, denn sie liegt inmitten der Emilia Romagna, die Heimat so vieler erfolgreicher Italien-Produkte ist. Der Aceto Balsamico, der Parmesan, Parma-Schinken, Mortadella und nicht zuletzt Tortellini und Lasagne stammen von hier und schmecken natürlich auch vor Ort am besten. Und am „Mercato die Mezzo“ treffen sie alle zusammen in einem riesigen kulinarischen Feuerwerk.

Food Mekka im Herzen Italiens

Der Laden „Vecchia Malga“ ist nur einer von vielen Delikatessengeschäften mit historischem Flair, die sich in der Via Pescherie Vecchie aneinanderreihen. Der Name der Straße erinnert daran, dass inmitten des historischen Herzens der Stadt früher viel Platz für Handwerker wie Fleischer, Fischhändler, Barbiere, Maler oder Goldschmiede war. Heute findet man diese Läden auch noch vereinzelt. Doch die Hauptrolle spielt eindeutig der Genuss. Im Laden habe ich keine ruhige Minute. Zu intensiv sind die Eindrücke und zu laut dringen die italienischen Wortfetzen der Ordernden in mein Ohr.

Nach der Reihe werden hier Büffelmozzarella, verschiedene eingelagte Oliven für die nächste Antipasti-Runde oder großzügig geformte Mortadella bestellt. Und ich kann mich aufgrund der großen Auswahl fast nicht entscheiden. Der Schinken-Klassiker Parma sollte natürlich Teil des Osteria-Picknicks werden und getrocknete, in Olivenöl eingelegte Tomaten, auch blassgrüne Artischocken, der Weichkäse Stracciatella di Burrata und Oliven in der Größe von Pflaumen dürfen keinesfalls fehlen. Hinter der Theke ist das Zusammenpacken dieser Spezialitäten längst Routine und die Mitarbeiter, die allesamt weiße Hemden, gestreifte Krawatten und einen dazu passenden Hut tragen, haben mir schnell ein Genusspaket zusammengestellt.

Hier scheint die Sonne

In der „Osteria del Sole“ im „Vicolo Ranocchi“ fühle ich mich wie in eine vergangene Zeit versetzt. Von außen wirkt sie komplett reduziert und versteckt, doch betritt man sie, ist die Hölle los. Kartenspielende Studenten mischen sich unter italienische Familien und zwischendrin steht ein Dandy, wie er im Buche steht. Mit zentimeterdickem Schnauzbart, beigem Leinenanzug und Fliege. Die bereits seit 1456 bestehende „Osteria del Sole“ ist eine Ansammlung an Kuriositäten: Hinter dem Tresen hängt ein Bild der Heiligen Maria gleich über Pappmachébüsten, die mal mehr, mal weniger realistisch aussehen. Hier bestelle ich mir einen Sangiovese-Wein – einerseits, weil man ihn hier in der Emilia Romagna einmal getrunken haben muss, und andererseits, weil er durch seinen fruchtigen Geschmack einfach perfekt zum eben Eingekauften passt. Langsam breite ich die Schätze vom Markt auf dem riesengroßen Tisch aus massivem Holz aus und endlich kommt der Moment, an dem dann auch meinen Geschmacksknospen klar wird, warum Bologna auch der „Bauch von Italien“ genannt wird.

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Katharina Maria Zimmermann