„Lea, noch einen Café Frappé?“ Es ist früh am Morgen, und auf der begrünten Terrasse mit Stadtblick über Nikosia ist die Luft noch angenehm kühl. Die Zyprer lieben ihren gemixten Eiskaffee aus Instantpulver, und nach einer Woche hier bin auch ich begeistert.
Nikosia ist die letzte geteilte Hauptstadt der Welt. Die Grenze zwischen Nord- und Südzypern, also zwischen türkischsprachigem und griechischsprachigem Teil, verläuft mitten durch die Altstadt. Als Besucher habe ich allerdings keine Probleme damit, beide Teile bei einem Stadtspaziergang zu Fuß zu erkunden. Auf der Ledrastraße, der Einkaufsmeile der Stadt, wurde nämlich 2008 ein Grenzübergang errichtet, der Fußgängern mit Pass einen unkomplizierten Übergang in den jeweils anderen Stadtteil ermöglicht.
Start in den Tag
Ich bin zu Besuch bei einer guten Freundin, deren Familie Wurzeln in Zypern hat und sich hier bestens auskennt. Seit einigen Jahren wohnt sie selbst auch in Nikosia, das von Griechen noch oft beim griechischen Namen „Lefkosia“ genannt wird. Für meinen Tag in der Stadt hat sie mir jede Menge Tipps gegeben. Ausgestattet mit Karte und Reiseführer ist es für mich auch ganz leicht, mich zu orientieren. Im Norden ist die türkisch-zyprische Fahne, die auf den Berg gemalt wurde, unübersehbar.
Sehenswürdigkeiten in Nikosia
Ich fange meine Runde im griechischen Stadtteil Ayios Antoniou an. Besonders sehenswert ist hier das Haus des Hadjigeorgakis Kornesios. Es ist das ehemaligeHaus eines sogenannten Dragoman – einem sprachenkundigen Übersetzer, der von 1779 an dreißig Jahre im Dienst des Staates stand. Das Gebäude selbst ist eines der besterhaltenen Beispiele für städtische Architektur unter der osmanischen Herrschaft auf Zypern. Das Museum ist von Dienstag bis Samstag geöffnet und kostet 2,50 Euro Eintritt.
Mittags kehre ich im Restaurant Pantopoleio Kali orexi ein. Die Küche ist landestypisch, modern und schlichtweg sehr gut. Der Rucola-Salat mit Fenchelknollen, Feigen und Orangen schmeckt köstlich, ebenso wie das Hühnchen-Kebab (Salat circa 9 Euro, Kebab-Gericht etwa 13 Euro). Besonders schön sitzt ihr im schattigen Garten. Mein Tipp: Mittags ist das Restaurant bei Geschäftsleuten sehr beliebt – es empfiehlt sich für größere Gruppen, vorher zu reservieren.
Im griechischen Zentrum
Weiter geht es zur Ledrastraße. Hier haben sich Eisläden, hippe Frozen-Yoghurt-Anbieter (natürlich auch mit griechischem Joghurt!) und Filialen von internationalen Modefirmen niedergelassen. Ich gönne mir einen griechischen Kaffee und beobachte das Treiben. Gestärkt geht es weiter ins Nationalmuseum.
Das „CyprusMuseum“, wie es genannt wird, ist ein unauffälliges Gebäude in einer Seitengasse der Ledrastraße (Victoria Street). Ich staune über die Vielfalt der archäologischen Fundstücke und die wirklich sehr schönen Töpferarbeiten. Der Eintritt kostet hier 4,50 Euro, dafür gibt es dienstags, mittwochs und donnerstags immer Gratisführungen (auf Englisch) durch das Museum.
Über die Grenze
Nun bin ich schon richtig gespannt auf die türkische Seite der Stadt und folge den Markierungen am Boden und an Hauswänden. Die „Walking Route Map“ führt einmal quer durch die Stadt an den meisten Sehenswürdigkeiten vorbei. Am Ende der Ledrastraße zücke ich meinen Reisepass und marschiere zum Grenzübergang. Problemlos komme ich nach dem Ausfüllen des kostenlosen Visums über die „Grüne Linie“ in den türkischen Teil. Hier empfangen mich Straßenverkäufer, die lautstark gefälschte Marken-Kleidung, Schuhe und Handtaschen anbieten. Ein paar Ecken weiter wird es ruhiger und an einer Ecke verkauft eine alte Frau frischgepressten Orangensaft und Mandeln. Wie auch im griechischsprachigen Teil spricht hier fast jeder sehr gutes Englisch, und das Einkaufen von kleinen Souvenirs – von eingelegten Kapern bis zu kleinen Schlüsselanhängern – macht so richtig Spaß.
Ich suche die Selimiye Moschee, die nach der Eroberung der Türken von einer gotischen, christlichen Kathedrale in eine Moschee umgewandelt wurde. Die Frau vom Orangensaftladen zeigt mir den Weg. Allein das Gebäude der Moschee von außen ist sehenswert. Gleich nebenan befindet sich auch noch ein Markt mit frischem Obst und Gemüse.
Als ich wieder zurück in den griechischen Teil der Stadt spaziere, geht die Sonne bereits unter, und das Licht zaubert einen besonderen Charme auf die teils verfallenen Bauten im Grenzgebiet.
Ich beende den Tag dort, wo er angefangen hat: auf der Terrasse mit Blick auf die Stadt und einem Glas gutem Rosé-Wein aus Zypern, bevor es für die letzten Tage meines Urlaubs wieder zurück an den Strand bei Larnaka geht.