Die häufigsten Streitthemen von Paaren im Urlaub – und wie Sie sie vermeiden

Sie können Streit im Urlaub schnell beenden, sogar vermeiden. Denn wir haben uns mit dem Paartherapeuten Mark B. Deuringer über die klassischen Streitthemen und -szenarien von Paaren im Urlaub unterhalten und Rat eingeholt, wie Sie unterschiedliche Vorstellungen, vom Partner enttäuschte Erwartungen und vielleicht ungewohnt lange Zweisamkeit meistern. Zudem erklärt der 59-Jährige, welche Situationen Sie vermeiden sollten, wie Sie einen Streit beenden und was Sie am besten tun, wenn Sie merken, dass der Ärger in Ihnen aufsteigt.

Abfahrt zum Flughafen

Endlich ist der Tag gekommen. Der Urlaub steht an. Nur wartet der Flieger eben nicht – und schon wird Stress- zu Streitpotential. Nämlich dann, wenn ein Partner gern in Richtung Flughafen aufbrechen möchte, um nicht in Verzug zu geraten, der andere sich dagegen Zeit lässt. Letzte Feinjustierungen am Gepäck. Hier hat er noch etwas vergessen, dort muss er noch etwas prüfen. Ein lautes Wort. Zwei. Drei. Streit…

Der Expertenrat:
„Treten Sie ruhig und bestimmt auf. Mahnen Sie kurz, dass es jetzt wirklich Zeit ist, zum Flughafen zu fahren. Lassen Sie beim Packen lieber etwas weg, als den Flug zu verpassen und ganz auf den Urlaub zu verzichten. Idealerweise planen Sie alles und stimmen sich im Vorfeld ab. So kommt es meist gar nicht zu einem solchen Szenario.“

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Packen Sie den Koffer nicht erst auf den letzten Drücker – das vermeidet Stress.

Ungewohnte Zweisamkeit

Die Arbeit. Der Nachwuchs. Dazu Freunde, vielleicht der Sport – im Alltag bleibt Paaren bei all den Aufgaben und Terminen nicht viel Zeit für intensive Kommunikation. Im Urlaub sieht das im Idealfall ganz anders aus. Endlich Zeit füreinander. Von morgens bis abends. Verbringen wir plötzlich 24 Stunden miteinander, steigt aber auch das Konfliktpotenzial. Plötzlich ärgern uns Dinge, die uns vorher gar nicht aufgefallen sind oder die uns vorher – sprich: weniger geballt – überhaupt nicht gestört haben (z. B. Trödeln). Und jetzt?

Der Expertenrat:
„Den Partner pausenlos um sich zu haben, mag Ihnen wie eine Herausforderung erscheinen. Sehen Sie die Zeit vielmehr als Chance, sich intensiver miteinander zu befassen als sonst. So sind Sie ganz beim Partner und dessen Bedürfnissen. „Gut miteinander umgehen“ lautet das Motto – aber natürlich nicht nur im Urlaub. Denn eine gute Beziehung braucht Kommunikation. Üben Sie sie deshalb bereits zuhause. Tauschen Sie sich regelmäßig aus und erklären Sie einander, was Ihnen jeweils wichtig ist. Das lässt sich auf den Urlaub übertragen.“

Der Urlaub als Chance, sich intensiver mit dem Partner zu befassen.

Unterschiedliche Vorstellungen

Der eine will, der andere will. Nur wollen beide nicht dasselbe. Hier Sporturlaub, dort Entspannung. Hier Kultur, dort Shoppingurlaub. Unterschiedliche Vorstellungen sind normal, führen aber gerade im Urlaub schnell zu Konflikten, wenn keine Einigung in Sicht ist.

Der Expertenrat:
„Oft wird der Anspruch auf Erholung ganz unterschiedlich definiert. Dann geht es um gegenseitige Rücksichtnahme. Darum ist es wichtig, bereits im Vorfeld zu erkennen, was der jeweils andere für einen gelungenen Urlaub benötigt, um dann gemeinsam eine schöne Zeit zu verleben. Stimmen Sie die Urlaubsplanung deshalb auf Ihrer beider Bedürfnissen ab. Sind die Vorstellungen zu unterschiedlich, kann man für einen Urlaub auf den einen und beim nächsten auf den anderen eingehen. Möchte beispielsweise einer im Urlaub Tennis spielen, der andere ans Meer, besteht zudem die Möglichkeit, dass sich ein Partner vor Ort einen Tennispartner sucht, während der andere baden geht. Sprechen Sie derlei Pläne aber vor dem Urlaub ab.“

Paar im Urlaub
Gemeinsame Planung vor dem Urlaub erspart Probleme bei unterschiedlichen Erwartungshaltungen.

 

Der Urlaub verläuft nicht wie geplant

Natürlich haben Sie vor dem Urlaub ein Traumszenario vor Augen. Hotel, Essen, Gespräche, Urlaubsort, die Menschen und der Strand – alles soll, alles wird perfekt sein. Hin und wieder entfernt sich die Realität dann allerdings doch von der Idealvorstellung. Auch im Urlaub. Beispielsweise stellt sich das Restaurant am Strand oder in der Innenstadt doch nicht als authentische Urlaubserfahrung mit einheimischen Spezialitäten heraus. Das schafft Ärger – der sich mitunter am Partner entlädt.

Der Expertenrat:
„Bewahren Sie zunächst einen kühlen Kopf und suchen Sie die Schuld keinesfalls beim Partner. Unternehmen Sie stattdessen gemeinsam beispielsweise einen kurzen Ausflug an einen schönen Ort der Umgebung und machen Sie das Beste aus der Situation. Grundsätzlich gilt ohnehin: Je höher die Erwartungen, desto schwerer sind sie zu erfüllen. Höchste Erwartungen können in der Realität meist nur enttäuscht werden. Den Partner allein für die Enttäuschung eigener Erwartungen verantwortlich zu machen, führt zu noch mehr Stress.“

Urlaub läuft nicht so wie geplant? Machen Sie nicht Ihren Partner dafür verantwortlich.

Zu hohe Erwartungen an den Partner

Vielleicht haben Sie den Urlaub als Chance wahrgenommen. Als Chance, wieder intensiver, tiefgründiger mit dem Partner zu sprechen. Am Urlaubsziel angekommen, bleiben intensive Unterhaltungen dann aber weitestgehend aus. Der Partner möchte entspannen, lesen, baden, Sport treiben, Schlaf nachholen. Dabei hatten Sie mit mehr Nähe gerechnet.

Der Expertenrat:
„Im Vergleich zum Alltag vereinfacht der Urlaub das Führen intensiver Gespräche oder das Finden von Nähe nicht. Definieren Sie deshalb Im Vorfeld klar, was beide im Urlaub voneinander erwarten. Denn Gespräche, die im Alltag nie geübt wurden und stattgefunden haben, gehen im Urlaub nicht plötzlich leicht von der Hand. Klären Sie vorher ab, dass Sie den Urlaub für intensive Unterhaltungen nutzen möchten, schenken Sie sich und Ihrem Partner die Möglichkeit, sich langsam – auch zuhause – an diese Art der Kommunikation zu gewöhnen.“

Keine zu hohen Erwartungen, dafür Kommunikation – schon verläuft der Urlaub noch entspannter.

Einer ist nicht bereit für den Urlaub

Gerade erst ist die Bürotür ins Schloss gefallen, da geht es bereits in den Zug Richtung Flughafen und von dort direkt in den Urlaub. Mit im Gepäck: die Arbeit. Der Stress. Vor Ort reizen ständig der Blick in die E-Mails und der schnelle Anruf im Büro. Abschalten funktioniert nur bedingt – und Partner und die Familie reagieren irgendwann (zurecht) mehr als genervt.

Der Expertenrat:
„Gönnen Sie sich vor dem Urlaub zunächst einen zusätzlichen Tag zu Hause. Ist die Arbeit dennoch auch im Urlaub stets präsent, ist dies das größte Gift für den Urlaub. Nur der komplette Abstand von E-Mails und Projekten hilft, voll zu regenerieren, sich zu erholen und danach wieder komplett belastbar zu sein. Interveniert die Arbeit ständig mit dem Urlaub, stellt das Paare vor eine nahezu unlösbare Aufgabe. Zumal auch die Leistungsfähigkeit im Job unter zu wenigen Auszeiten leidet. Deshalb sollte der Betroffene seinem Partner und seiner Gesundheit zuliebe mit seinem Vorgesetzten sprechen und Klarheit schaffen.“

Sie sind im Urlaub – da sollte die Arbeitswelt zuhause bleiben!
Mark B. Deuringer (59) leitet seine eigene Praxis für Paartherapie

Interview: „Vermeiden Sie Grundsatzdiskussionen“

Mark B. Deuringer leitet in der Einsteinstr. 104b in München seine eigene Praxis für Paartherapie, Paarberatung, Psychotherapie und Life Coaching. GALERIA Reisen erklärt der Paartherapeut, wie Paare den Übergang vom Alltag in den Urlaub streitfrei meistern, wie gemeinsames Planen Streit vermeidet und wie Sie Konflikte im Urlaub beenden.

Inwiefern unterscheidet sich der Urlaub in Sachen Streit vom Alltag?
Der Alltag erschwert die Beziehung. Beide Partner arbeiten, haben Stress. Oft bleibt kaum Zeit für Gespräche und den für die Beziehung wichtigen Informationsaustausch: „Wie ticke ich und was brauche ich von dir? Wie tickst du und was brauchst du von mir?“. Man balanciert durch den Alltag. Kommt dann der Urlaub, fallen die ablenkenden Faktoren wie Arbeit oder Haushalt weg. Plötzlich bemerkt man den mangelnden Abgleich zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen des Partners, der eigentlich täglich stattfinden soll. Im Alltag mangelt es an Übung, sich abzustimmen, aufeinander ein- und zuzugehen. Das überträgt sich auf den Urlaub.

Welche Situationen sollten Paare im Urlaub unbedingt vermeiden, um Streit zu umgehen?
Vermeiden Sie Pauschalisierungen, vor allem Grundsatzdiskussionen über vermeintlich fehlerhafte Persönlichkeitsmerkmale (z. B. „du warst schon immer rücksichtslos!“). So können Sie nichts klären. Die Abwertungen sind so massiv, dass es schwierig wird, den Urlaub trotzdem gut zu verleben. Ist die Sensibilität zwischen Paaren weniger ausgeprägt, kann man schon im Vorfeld ein Zeichen (Hand heben, etc.) vereinbaren, bei dem der andere sofort merkt, dass er jetzt nicht weitermachen soll.

Oft genügen im Urlaub Kleinigkeiten für einen großen Streit. Woran liegt das?
Streitigkeiten, die sich an Kleinigkeiten entzünden, sind meist auf ein mangelndes und nicht rechtzeitiges Aufarbeiten von bereits schwelenden, aber noch nicht ausgesprochenen Konflikten zurückzuführen. Sie haben nicht zwingend unmittelbar mit dem Streitthema zu tun, sind nur Auslöser (Trigger) eines tieferen Problems, das im Alltag bisher nicht oder nicht ausreichend thematisiert wurde.

Was kann man tun, wenn man merkt, dass Ärger im Partner hoch kommt?
Bleiben Sie vor allem ruhig. Schließlich wollen Sie sich erholen. Gelingt es, vermitteln Sie dem Partner dennoch klar, dass Sie gerade verletzt wurden. Abstrakter ist das Thema bei wiederholten Handlungsweisen des Partners, die man als rücksichtslos empfindet oder die einem auf die Nerven gehen. Hier braucht es eine kurze, aber klare Aussage darüber, was stört oder verletzt. Kann die Problematik im Urlaub nicht geklärt werden, können Sie bis Urlaubsende einen sogenannten „Friedensvertrag“ schließen. Wichtig ist aber, dass Sie zuhause weiter an der Problematik arbeiten, um den oder die Konflikte zu lösen.

Was kann man tun, wenn man bemerkt, dass im Partner Ängste hoch kommen?
Allein das Erkennen von sich aus geht in die richtige Richtung. Denn Liebe hat auch mit dem „Hinfühlen zum Partner“ zu tun: Sich dessen zu besinnen und „hinzuspüren“, wie sich der andere gerade fühlt, ist eine wichtige „Liebeskomponente“. Die Frage zu stellen: „Habe ich Dich eben verletzt?“, oder „Bin ich jetzt zu weit gegangen?“, wird eher eine Klärung und Beruhigung einleiten, als darüber hinweg zu sehen.

Was können Paare tun, um den Streit schnellstmöglich zu beenden?
Sind die Parameter der Streitkultur unterschiedlich, ist es gerade für denjenigen mit der „laxeren“ Streitkultur schwieriger. Meist geht es dann um das „Recht haben“ und in der weiteren Eskalation um das „Recht bekommen“ (d. h. ich habe möglicherweise nicht Recht, will aber Recht bekommen). Nur müssen immer beide Partner zur Beendigung beitragen. Wenn das vereinbarte Zeichen oder der Hinweis, das Problem zuhause zu klären, nicht fruchtet, der Streit weiter eskaliert, muss einer mittels der „Eskalationsprozedur“ (EP) aussteigen: Dabei sage ich dem Partner, er soll mich nicht weiter verletzen, mir Vorwürfe machen, etc. Es fruchtet nicht. Also teile ich dem Partner mit, dass ich den Raum verlassen werde, wenn er/sie nicht aufhört. Es fruchtet immer noch nicht. Nun muss ich konsequent sein und den Raum verlassen. Distanz ist zwar keine Lösung für den Konflikt, die Unterbrechung des Streits aber erst einmal notwendig, um überhaupt einen Anfang für einen Lösungsansatz zu finden.

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