Kärnten: Genusstour zwischen See und Alm

„Ich frage mich, was in jemandem vorgeht, der so gut kocht?“, fragt die Dame am Nebentisch ihren Mann. Ihr schmeckt das Abendmenü im Hauben-Restaurant Die Forelle am Kärntner Weissensee offenbar genauso gut wie mir. Ich wüsste sogar eine Antwort darauf. Denn am Nachmittag hat mir Hannes Müller, Hotelier und Chefkoch des Zwei-Hauben-Restaurants, seine Philosophie verraten: „Spaß an der Arbeit haben und mit Leidenschaft kochen.“ Er setzt auf regionale Produkte der Saison und sammelt täglich frische Kräuter. Die Vorspeise des Vier-Gänge-Menüs (rund 50 Euro, Reservierung erbeten) gleicht einem kleinen Kunstwerk: Seeforelle, mariniert, mit Wildkräutern und Zitrone.

Brotberuf Fischer

Der Fisch, der bei Hannes Müller auf den Tisch kommt, wird nur ein paar Kilometer weiter gezüchtet. Von jemandem, der denselben Nachnamen trägt. Und bei dem man ebenfalls merkt, wie wichtig ihm ein nachhaltiger Umgang mit der Natur ist: Martin Müller ist der einzige Berufsfischer am Weissensee. Er züchtet Seeforellen, aber auch Reinanken und Saiblinge. In seinem Laden am See verkauft er geräucherten und gebeizten Fisch zum Mitnachhausenehmen – als kulinarische Erinnerung an die Ferien in Österreich. Natürlich betreibt er auch Wildfang, fischt also direkt im See. Allerdings nicht zu häufig, „das Fischereirecht ist streng geregelt, der See darf nicht überfischt werden“, sagt der studierte Fischökologe, als ich ihm einen Besuch abstatte.

Wanderung durch den Naturpark

Und genau dahin, zum See, will ich auch. Mit einem Leih-Trekkingrad (15 Euro/Tag) geht es vom Ortsteil Techendorf dem Ufer entlang Richtung Osten.

Nach einer halben Stunde erreiche ich den Ronacherfels, wo ein idyllisch gelegener Gasthof mit Seeterrasse steht. Hier endet die Straße, jetzt heißt es: zu Fuß marschieren. Der Wanderweg führt durch den Naturpark Weissensee, vorbei an Bäumen, über Wurzelwerk, stets mit Blick auf den helltürkis schimmernden See. Hier macht der Weissensee seinem Namen alle Ehre: Feine Kalkpartikel lassen ihn so hell schimmern, dass er an manchen Stellen fast weiß ausschaut. Würde ich jetzt noch eineinhalb Stunden weiterwandern, wäre das Ostufer erreicht. Von dort aus können Wanderer bequem mit dem Linienschiff zurückfahren (7 Euro, zweistündige Seerundfahrt 11 Euro).

Mehrmals pro Tag verkehren zwei Linienschiffe am Weissensee, um müde Wanderer zurück in den Ort zu bringen. © Maria Kapeller
Mehrmals pro Tag verkehren zwei Linienschiffe am Weissensee, um müde Wanderer zurück in den Ort zu bringen. © Maria Kapeller
Mit dem Paddelboard über den See gleiten

Ich habe aber noch eine Verabredung und mache mich auf den Weg zurück nach Techendorf. Dort treffe ich Fitnesstrainer Wolfgang Wernitznig, der mir bei einem eineinhalbstündigen Schnupperkurs (25 Euro/Person) das Stand-Up-Paddling näherbringt.

Beim Stand-Up-Paddling lässt sich der Weissensee in aller Ruhe erkunden, oft sieht man bis zum Grund. © Maria Kapeller
Beim Stand-Up-Paddling lässt sich der Weissensee in aller Ruhe erkunden, oft sieht man bis zum Grund. © Maria Kapeller
Zuerst zeigt er mir im Trockenen, wie man am Board steht und das Paddel hält und bewegt. Gleich darauf geht’s los: Zuerst paddeln wir kniend eine kleine Runde, dann stehe ich vorsichtig auf – gar nicht so schwer. Wichtig ist, das Paddelblatt ganz ins Wasser zu tauchen und nur bis zur Höhe der Ferse durchzuziehen. „Dieser Sport vereint Koordination, Gleichgewicht, Ausdauer und Kraft in einer Bewegungsform – das gibt es selten“”, erklärt Wolfgang. Langsam gleiten wir über den See, an vielen Stellen sieht man bis zum Grund, manchmal huscht ein Fisch unter uns vorbei.

Baden in glasklarem Trinkwasser

Nicht nur auf dem See, sondern auch im See lässt es sich gut aushalten. Der Weissensee liegt auf 930 Meter Seehöhe und ist damit der höchstgelegene Badesee des Landes. Und: Er ist einer der saubersten Seen in Österreich. Das Wasser hat Trinkwasserqualität, Motorboote sind verboten und die Feuchtwiesen rundherum bleiben von Dünger verschont. Praktisch: Alle Unterkünfte, von der Pension bis zum Sternehotel, haben einen eigenen Badeplatz oder Steg. Jetzt im Mai halte ich nach der Paddel-Tour nur die Füße ins noch kühle Wasser, aber im Juli und August erwärmt sich das Gewässer auf bis zu 24 Grad und lädt zum Baden ein.

Der Weissensee erwärmt sich im Sommer auf bis zu 24 Grad. Jedes Hotel hat einen eigenen Badeplatz oder Steg. © Maria Kapeller
Der Weissensee erwärmt sich im Sommer auf bis zu 24 Grad. Jedes Hotel hat einen eigenen Badeplatz oder Steg. © Maria Kapeller
Besuch bei einer weitgereisten Alm-Wirtin

Bewegung am und im Wasser macht hungrig. Gut, dass die Naggler-Alm nach nur einer knappen Stunde Wandern erreicht ist. Alm-Wirtin Almut Knaller serviert selbst gemachten Wiesensalbeisirup, verdünnt mit Quellwasser und eine Suppe aus frischen Almkräutern (4,90 Euro) mit einer Scheibe frisch gebackenem Brot. Sie erzählt von ihrer Rucksackreise durch die Welt, die sie vor ihrer Zeit als Wirtin unternommen hat. Ihre Lebenseinstellung ist sofort spürbar: Ein regional verankertes Herz, gepaart mit einem offenen Geist.

Die Naggler-Alm liegt eingebettet zwischen Almwiesen und sanften Hügeln. © Maria Kapeller
Die Naggler-Alm liegt eingebettet zwischen Almwiesen und sanften Hügeln. © Maria Kapeller
Auf den Tisch kommen Produkte von Bauern und Erzeugern aus der Umgebung, hinter dem Tresen steht ein internationales Team aus den USA, Bosnien und Slowenien. Als Nachspeise serviert Almut eine große Portion Schwarzbeerschmarrn (11,50 Euro), also Kaiserschmarrn mit Heidelbeeren – süß und fruchtig.

Süß und flaumig – Schwarzbeerschmarren auf der Naggler-Alm. © Maria Kapeller
Süß und flaumig – Schwarzbeerschmarren auf der Naggler-Alm. © Maria Kapeller
Wie die Leute rund um den Weissensee ticken, weiß ich nach meiner Genusstour zwischen See und Alm. Sie schätzen ihre Umgebung und leben im Einklang mit der Natur. Und, was denke ich selber? In diesem Moment nur eins: „Soll ich den Berg hinunter gehen oder kugeln?”

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Maria Kapeller

Maria Kapeller, Jahrgang 1983, hat in Salzburg Kommunikationswissenschaft studiert und längere Auslandsaufenthalte in der Schweiz, London und Nordirland absolviert. Die letzte lange Reise dauerte fünf Monate und führte nach Asien, Australien und Neuseeland. Sie ist freie Texterin und (Reise)-Journalistin.