Genusswandern im Schwarzwald

Hier am nördlichen Rand des Schwarzwalds rollen die Hügel sanft aus. Ganz so, als wolle das Land seinen Besuchern „Adieu!“ zuwinken. Dabei komme ich gerade erst an. Die Straße schlängelt sich durch die gewellte Landschaft, die von leuchtend gelben Rapsfeldern überzogen ist. Wie dicke Teppiche liegen sie dort und stehlen den Weinbergen die Schau.

Fette Trauben und herrliche Weinfeste haben erst im Herbst Saison. Wer mag, kann aber schon jetzt die Badische Weinstraße entlangfahren und nach rustikalen Besenwirtschaften Ausschau halten, wo selbst gekelterter Wein und leckere Brotzeiten angeboten werden. Eine Karte braucht man dafür nicht: Am Straßenrand aufgestellte Reisigbesen – Nomen est Omen! – zeigen, wo es lang geht.

Stille Wasser sind tief

Mir ist nach einer ganz anderen Art von Erfrischung: Nach einer langen, aber leichten Wanderung entlang der alten Weinterrassen und Streuobstwiesen rund um das 7000-Seelen-Städtchen Maulbronn tauche ich ein ins Naturbad Tiefer See.

Natürlich tauche ich nicht wirklich, schwimme vielmehr ein paar Bahnen in dem tiefgrünen Wasser, dessen Qualität ausgezeichnet ist. Der See liegt hübsch eingebettet in einem Waldstück und wurde einst als Karpfenteich von den Mönchen des nahen Klosters angelegt. Fische gibt es ganz sicher noch, angeln ist jedoch tabu. Heute schwimmt man hier, sonnt sich auf einem der Holzstege, rudert für 3 Euro in den bunt gestrichenen Holzkähnen oder strampelt für noch einmal 50 Cent mehr ein paar Runden im Tretboot. Seele baumeln lassen ist gratis und gelingt ganz wunderbar. Das Wetter ist sonnig warm, am Tiefen See ist einiges los und ich muss etwas anstehen am Kiosk, wo ich meinen Hunger schließlich mit einer Portion typisch Badischen Wurstsalat für 2,25 Euro stille. Die Rostbratwürste auf dem Grill sehen auch ziemlich lecker aus…

UNESCO Welterbe

Es wird Zeit für einen Blick hinter die berühmten Klostermauern. Vom See führt ein kurzer Fußweg ins Kloster Maulbronn, das seit 1993 zum Welterbe der UNESCO gehört. Ein riesiger Komplex aus schönen mittelalterlichen Gebäuden mit farbig getünchten Fassaden, Höfen und Gängen, dem eigentlichen Kloster und romantischen Gärten.

In den kleinen und großen Kräutergärten können sich Besucher einweihen lassen in die geheime Welt der Pflanzen, die morden, berauschen und uns anderweitig ärgern. Aber noch sind die gemeinen Gewächse zu klein. Führungen finden im Sommer statt. Ganzjährig kann man sich jedoch einer Tour durchs Kloster mit seinem Kreuzgang, Refektorium und der Kirche anschließen. Das Ticket kostet 7 Euro am Infozentrum (Klosterhof 5).

Ich entdecke die alten Gemäuer aber lieber in Gesellschaft eines Audioguides, lerne, dass noch heute junge Leute hier die Schulbank drücken, alte Sprachen und Geschichte pauken wie einst Hermann Hesse. Dem passte das Schulleben in Maulbronn allerdings nicht: Nach knapp einem Jahr machte er sich auf und davon. Meine Schritte hallen auf dem Steinboden während ich bewundernd die Malereien an den Decken betrachte, die schönen Steinmetz- und Schnitzarbeiten. Ich bin froh über meine leichte Jacke. Hinter Klostermauern ist es kühl.

Rhabarberkuchen und Klosterbräu

Zurück in der wärmenden Sonne schlendere ich über den Platz mit seinem plätschernden Brunnen und den duftenden Platanen, stöbere im s’Kloschderlädle (Klosterhof 22/1) in Kunsthandwerk und bleibe an der Kuchenauslage hängen. Mit saftigem, von Sahne gekröntem Rhabarberkuchen (2,50 Euro) mache ich es mir draußen auf einer Bank mit dicken Kissen bequem. Hier habe ich den besten Blick auf den weitläufigen Klosterhof, wo junge und alte Besucher flanieren, staunen, lachen.

Ich genieße das süße Nichtstun und einen Plausch mit der Dame vom Café. Von ihr erfahre ich, dass das Maulbronner Klosterbräu, von dem ich gerade nippe, gar keine Kreation der klugen Mönche war, sondern eine ganz neumodische Erfindung ist. Die Mönche hätten lieber dem Wein zugesprochen, doch zu einem echten Kloster gehöre schließlich auch ein echtes Klosterbräu. In der Klosterkatz (Klosterhof 21) kaufe ich mir sechs hübsch verpackte Flaschen des würzigen Gerstensafts. 6,50 Euro kostet mein Souvenir für zuhause. Mit dem Bier unterm Arm, in der anderen Hand ein Hörnchen Eis – ebenfalls aus der Klosterkatz und so gut, dass es jede italienische Kreation in den Schatten stellt – pilgere ich heim. Meine Güte: Hier weiß man, was schmeckt!

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Jutta Ingala

Jutta M. Ingala, verheiratet, Mutter eines Teenagers, ist fest im Münsterland verwurzelt. Sie schreibt in ihrem persönlichen Blog 6 Grad Ost über große und kleine Reisen. Es geht um Orte, Menschen und Begegnungen, um Natur und Stadtgeflüster. Sie erzählt Geschichten, die mit einer Momentaufnahme beginnen: einem Museumsbesuch, einem Flirt in einem Café oder einem Buch, das sie inspiriert. Jutta sieht in jedem Ort das Besondere, liebt Details. Sie sind die Essenz der Dinge. Reisen bedeutet Menschen treffen und ein Gespräch beginnen. Darum mag sie fremde Sprachen. Literatur, Kunst und Geschichte, Design und Architektur interessieren sie genauso wie Hiking and Cycling, wie fremde Küche, Handwerk und Tradition. Beliebigkeit und Kitsch mag sie nicht.